Solidarität mit einem Ex-Diktator

Schöneberger PDS-Verordneter organisiert Pro-Milosevic-Veranstaltung

Die PDS im Rathaus Schöneberg ist immer wieder für eine Überraschung gut. Nicht in der bezirkspolitischen Arena, wo der Verordnete Gert Julius mit dem Ablesen bürokratisch gestelzter, seitenlanger Anträge langweilt, sondern auf außenpolitischem Parkett. Dort wagt Julius ganz eigene Tänzchen.

Die Partner sind gelegentlich allerdings nicht gerade politisch korrekt. So gestand Julius vergangenes Jahr kubanischen Gästen, die Politik ihres Landesvaters zum Vorbild zu nehmen. Jetzt bietet er Milosevic-Unterstützern ein Forum. Julius hat ein Kolloquium organisiert, das sich am 2. März im Rathaus Schöneberg mit dem Fall Milosevic, dem internationalen Strafrecht und den neuen Kriegen der Großmächte beschäftigen will. Dazu hat er sich der Zusammenarbeit mit dem «Komitee zur Verteidigung von Slobodan Milosevic» versichert.

Vom Komitee spricht Ralph Hartmann, der einst als DDR-Botschafter in der jugoslawischen Hauptstadt Belgrad saß, sowie der Präsident des Freidenkerverbandes, Klaus Hartmann. Außerdem der Völkerrechtler Norman Peach und der Schauspieler Rolf Becker für die Gewerkschaft Ver.di.

Milosevic wird derzeit vor dem UN-Tribunal in Den Haag der Prozess gemacht. «Es gibt unterschiedliche Auffassungen zur Rechtfertigung dieses Tribunals», sagt Julius. Die werden auf dem Kolloquium allerdings nicht dargestellt. Stattdessen läuft es darauf hinaus, das Tribunal als ein «von den USA gesteuertes» anzuprangern. So sagt Julius: «Wir wollen aufzeigen, wie in Den Haag zu Gericht gesessen wird. Es stellt sich auch die Frage, ob die Herausführung Milosevic´ aus Jugoslawien legal war.»

Der PDS-Landesverband hat mit Julius´ Veranstaltung nichts zu tun und will es auch nicht. «Wir waren überrascht», sagt der stellvertretende Vorsitzende Udo Wolf, «wir würden uns auch dem Verdacht, eine Pro-Milosevic-Veranstaltung zu fördern, nicht aussetzen.»

Solidarität mit dem Ex-Diktator und Verhöhnung der Milosevic-Opfer werfen die Bezirks-Grünen Julius vor. Da dieser keine Vertreter der Anklage gegen Milosevic zu Wort kommen lässt, kann er dem wohl wenig entgegensetzen.

Tanja Laninger
Berliner Morgenpost vom 19.02.2002


Leserbrief von Klaus Hartmann klick


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