Internationales Komitee für die Verteidigung von Slobodan Miloševic - Deutsche Sektion

Pressemitteilung 2/2003
16.02.2003

Proteste gegen angedrohten Krieg gegen den Irak:
"An Stelle der UNO-Ordnung - das Jugoslawientribunal"


Mit ihrer - begrüßenswerten - Ablehnung eines Krieges gegen den Irak scheint die deutsche Bundesregierung erfolgreich vergessen zu machen, dass sie selbst 1999 im Brustton der Überzeugung einen völkerrechtswidrigen Aggressionskrieg gegen Jugoslawien befehligte. Aber wie vielen der - im Gegensatz zu heute damals nicht demonstrierenden - Friedensfreunde ist bewusst, dass sie selbst 1999 der NATO in die Propaganda-Falle gegangen sind? Und wer bringt im Kopf den Gedanken zusammen, dass die NATO sich aus dieser Zeit Kriegsgefangene hält, deren prominentester auf den Namen Slobodan Milosevic hört? Wem geht jetzt (besser spät als nie) das Licht auf, dass das "Haager Tribunal" kein Instrument der Rechtsprechung, sondern der fortgesetzten Aggression und des Völkerrechtsbruchs ist?

Die über 500.000 Demonstranten am 15.02.2003 in Berlin hatten bei der Abschlusskundgebung Gelegenheit, sich diese Zusammenhänge zu verdeutlichen. Der Hamburger Schauspieler Rolf Becker erinnerte in seiner Rede an den von "Rot-Grün" unterstützten Bombenterror und dessen Opfer unter der jugoslawische Zivilbevölkerung.

Insbesondere ist dem ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske zu danken, das "Haager Tribunal" als Teil des Systems gekennzeichnet zu haben, mit dem das Völkerrecht aus den Angeln gehoben wird. Deshalb dokumentieren wir aus der Rede von Frank Bsirske, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di, auf der Friedensdemonstration am 15. Februar 2003 in Berlin:

"Halten wir uns an die Fakten: angesichts eines in den nächsten 30 Jahren enorm ansteigenden Energiebedarfs in den USA - plus 60 % gegenüber heute - hat US-Vizepräsident Cheney, der Mann hinter Bush, der US-Politik kürzlich zwei herausragende Aufgaben gestellt: die Erdölimporte nachhaltig zu steigern und sie stärker auf verschiedene Weltgegenden zu verteilen - Weltgegenden freilich, die alle durch chronische Instabilität und Vorbehalte gegen die USA geprägt sind!

Kann es da ein Zufall sein, wenn zeitgleich eine neue US-Militärstrategie beschlossen wird, beschlossen in der erklärten Absicht, jederzeit militärisch eingreifen zu können? Wenn wir uns die Militärausgaben der USA anschauen, dann sind sie höher als die der 15 nächstgrößten Industriestaaten zusammengenommen. Die Bush-Regierung beansprucht mittlerweile ein Recht auf Angriffskriege. Und selbst den Einsatz von Atomwaffen - auch gegen Nicht-Atom-Mächte - will sie nicht länger ausschließen.

Liebe Freundinnen und Freunde,

was sich da auf der internationalen Bühne wirklich abspielt, ist der radikale Umsturz kollektiver Sicherheitsstrukturen zu Gunsten eines unverhohlenen Anspruchs auf Vorherrschaft. Indem die Bush-Regierung das Recht auf Präventivkriege beansprucht, hebt sie das Angriffsverbot der UNO-Charta aus den Angeln.

Was sie an die Stelle der UNO-Ordnung setzt, ist eine Ordnung nach ihrem imperialen Gusto und Interessenverständnis. Danach wird gemacht, was nützlich erscheint, wie zum Beispiel Welthandelsorganisation, Weltbank oder das Jugoslawientribunal.

Alles andere ignoriert oder sabotiert man, wie zum Beispiel das Kyoto-Protokoll, den Weltstrafgerichtshof, den ABM-Vertrag und mittlerweile auch die UNO-Charta.

Wir wollen an die Stelle eines Rechts des Stärkeren die Stärke des Völkerrechts gesetzt wissen. Dafür lasst uns gemeinsam einstehen. Setzen wir den Kriegstreibern unseren Protest entgegen, den Protest von Millionen von Menschen in der ganzen Welt, unser Engagement und unsere Kraft, die Kraft der internationalen Friedensbewegung!"

(zitiert nach www.verdi.de)

Es wäre wünschenswert, wenn sich solche Erkenntnisse in der Friedensbewegung mehr und mehr durchsetzen würden. Es kann nicht darum gehen, die NATO-Aggression von 1999 mitsamt dem ungenügenden Protest dagegen schamhaft zu verdrängen. Angesichts neuer akuter Bedrohungen ist es notwendig, die imperialistische Globalstrategie komplett ins Visier zu nehmen. Dazu gehört Solidarität mit allen Kräften zu praktizieren, die gegen die Neue Weltkriegsordnung Widerstand leisten, dazu gehört die Forderung nach sofortiger Auflösung der völkerrechtswidrigen ad-hoc-Tribunale für Jugoslawien und Ruanda sowie der Freilassung ihrer politischen Gefangenen.

Klaus Hartmann
Vizepräsident des ICDSM
Sprecher der Deutschen Sektion


Kontakt: Klaus Hartmann, Schillstraße 7, D-63067 Offenbach am Main, T/F: 069 - 83 58 50; e-mail: vorstand@freidenker.de


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