Wir kommen wieder

Ansprache von Klaus Hartmann am 28. Juni 2003 vor der Haftanstalt in Scheveningen, NL

Freundinnen und Freunde,
Bürgerinnen und Bürger,

wir stehen hier vor einem Gebäude, das den deutschen Faschisten zur Inhaftierung der niederländischen Antifaschisten und Widerstandskämpfer diente.

Heute sperren hier wieder die Täter ihre Opfer ein, die Repräsentanten des Widerstandes gegen die Diktatur der "Neuen Weltordnung".

Unsere Solidarität gilt diesen politischen Gefangenen, die hier rechtswidrig inhaftiert sind!

Das völkerrechtswidrige so genannte Haager "Tribunal" dient nicht nur der Legitimation der NATO-Verbrechen gegen Jugoslawien. Es ist auch Teil der Kolonialbehörden auf dem Balkan, Teil eines Netzes von Aufsichtsbehörden und Protektoraten, die wie ein bleiernes Netz über diesen Ländern liegen, und verhindern, dass die Menschen aufstehen, ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen und über ihr Schicksal selbst bestimmen.

Gestern hatte ich gemeinsam mit Velko Valkanov Gelegenheit, mit Slobodan Miloševic zu diskutieren. Er machte darauf aufmerksam, dass die "Anklagen" dieses falschen Tribunals unmittelbar auf die Zementierung der Kolonialordnung auf dem Balkan gerichtet sind:

Bisher hat Slobodan Miloševic alle Zeugen der "Anklage" wertlos gemacht. Zuletzt, in den letzten Tagen gerade, den ehemaligen US-Botschafter Galbraith. Und wieder musste ein besonderer Schutzengel zur Rettung dies Zeugen eingreifen, der sogenannte "Richter" May, diese Karikatur eines Unparteiischen, versuchte vergeblich, den Herrn Botschafter zu retten, indem er Slobodan Miloševic die Zeit für die Befragung beschnitt.

In ihrer eigenen "Halbzeit", in der die "Anklage" die Zeugen bestimmt, steht Frau del Ponte völlig nackt dar - ein grauenhaftes Bild!

Slobodan Miloševics Kampfmoral ist ungebrochen.

Trotzdem ist seine Freude über die gewonnenen Schlachten im "Gerichts"-Saal begrenzt. Die lage, sagt er, ist zwar einerseits komisch, aber eben auch lächerlich und tragisch. Immer nur mit diesen Kleingeistern zu tun zu haben, ist eben keine reine Freude.

Wie sehr dieses Kriegsgericht die 2. "Halbzeit", in der Slobodan Miloševic die Zeugen bestimmt, fürchtet, zeigt sich daran, dass der "Anklage" schon zwei Mal Verlängerung gewährt wurde - nun bis mindestens Anfang des Jahres 2004.

Zugleich haben sie Slobo mit Papier zugeschüttet, Tonnen von Papier, fast eine halbe Million DIN A4-Seiten. Für das Durchlesen dieser Papiere bräuchte er fast drei Jahre, selbst wenn er 400 Seiten an jedem Tag liest.

Es ist das Erfordernis einer minimalen Fairness, Zeit für die ordentliche Vorbereitung der Verteidigung zu gewähren.

Wir fordern deshalb:

Mindest ein Jahr Unterbrechung und vorübergehende Haftentlassung zur ordnungsgemäßen Vorbereitung auf die Verteidigung!

In Übereinstimmung mit unserem Freund und Genossen Slobo rufe ich dazu auf, dass wir alle Aufmerksamkeit des Internationalen Komitees (für die Verteidigung von Slobodan Miloševic) und aller Organisationen der Serben in der Diaspora darauf konzentrieren, für diese Forderung nach Unterbrechung und vorläufiger Haftentlassung alle Kräfte in die Waagschale werfen!

Ein weiterer Protest gilt der menschenverachtenden Behandlung und Verfolgung seiner Familie, die einer regelrechten Hexenjagd ausgesetzt ist.

Während die Öffentlichkeit zu Zwecken ihrer bekannten und eingeübten Volksverdummung erfährt, dass die Haftbefehle angeblich etwas mit Morduntersuchungen zu tun haben, geht es in Wirklichkeit entweder um Streitereien zwischen Jugendlichen oder darum, dass seine Ehefrau der Babysitterin ihres Enkels über "Beziehungen" eine Wohnung verschafft haben soll.

Dies ist Grundlage eines "Internationalen Haftbefehls", ein unwiederbringlicher Witz und ein Skandal, der nur darauf gerichtet ist, seine Kampfkraft, seine Kampfmoral zu unterminieren, indem ihm jeder Besuch von Mirjana und anderen Angehörigen seiner Familie unmöglich gemacht werden soll.

Wir erheben schärfsten Protest und fordern die Rücknahme dieser illegalen Haftbefehle!

Liebe Freunde und Genossen!

Wir sind heute zum ersten Mal in Den Haag. Aber wir werden wiederkommen, wir sind nicht zum letzten Mal hier.

Gestern Mittag fragte mich Slobo, wie viele Teilnehmer wir erwarten für unsere Demonstration. Ich sagte, wir sind froh, wenn es ein paar Hundert sind; weil: wir müssen anfangen, nicht warten, bis wir Tausende sind, sondern mit soviel, wie wir erreichen können. Es kommt auf das Beispiel an, es kommt auf den ersten Schritt an, und ich sagte ihm: Aristoteles hat schon gesagt, "der Anfang ist mehr als die Hälfte" - und wir haben heute mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt.

Liebe Freunde!

Wir sind überzeugt:
Sie werden nicht durchkommen!
Die Sklavenhalter waren noch nie Sieger der Geschichte!
Das letzte Wort haben die Völker!

Deshalb:
Zivelja Jugoslavija! Slobodu Slobodana!

Ich danke Euch.

Klaus Hartmann ist Vizepräsident des Internationalen Komitees für die Verteidigung von Slobodan Miloševic (ICDSM)


zurück  zurück