In Sorge um Leben und Gesundheit von Slobodan Milosevic
Appell von Ärzten und Therapeuten aus Deutschland an das ICTY, Den Haag
An die Herren
Claude Jorda ICTY Den Haag
Sehr geehrte Herren!
Nach Meldungen von Nachrichtenagenturen mussten die Verhandlungen im "Milosevic-Fall" zum wiederholten Male aus gesundheitlichen Gründen unterbrochen werden. Nach diesen Meldungen wurde seitens des Gerichts die Frage aufgeworfen, ob der Prozess zum Ende geführt werden kann, und die Beteiligten gebeten, diesbezügliche Vorschläge zu machen.
Nach unseren Informationen hat der Gesundheitszustand von Slobodan Milosevic bereits im Sommer Anlass gegeben, eine gründliche ärztliche Begutachtung vorzunehmen, die zu Berichten und Verfahrensvorschlägen führten, die die 3. Kammer in ihren Verhandlungen am 25. 07. und 26. 08. 2002 beraten hat.
Es verwundert, dass die damaligen ärztlichen Vorschläge nicht oder nur teilweise bei der weiteren Prozessführung umgesetzt wurden. Die empfohlenen Ruhezeiten wurden stark verkürzt, und es fand sogar eine Rückkehr zu ganztägigen Verhandlungen statt, von denen gänzlich abgeraten wurde. Die aktuelle Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Slobodan Milosevic erscheint als direkte Konsequenz der Nichtbeachtung der ärztlicherseits für geboten erachteten Maßnahmen.
Es ist darüber hinaus nicht nur unverständlich, sondern geradezu empörend, dass Herr Milosevic weder unter ständiger ärztlicher Beobachtung und Kontrolle steht, geschweige denn die gebotene adäquate Therapie erhält.
Dieser nur als unverantwortlich zu bezeichnende Umgang mit einem Menschen, dessen Gesundheit und Leben Ihnen mit allen Konsequenzen anvertraut ist, wirft ernsthafte Fragen nach den Gründen auf. Er steht zumindest in diametralem Widerspruch zu verschiedenen Dokumenten und Resolutionen der UN über die Behandlung von Inhaftierten, für deren Gewährleistung doch zumindest Verantwortliche, die sich für Vertreter einer UN-Institution halten, in vollem Umfang verantwortlich sein sollten.
Nach der eingetretenen und vom ICTY voll zu verantwortenden Situation bleibt als die ultimative Konsequenz, Slobodan Milosevic umgehend aus dieser gesundheits- und lebensbedrohenden Situation zu befreien und ihn auf freien Fuß zu setzen, damit er sich in Belgrad der längst überfälligen Therapie durch ihn langjährig behandelnde Ärzte unterziehen kann.
Hochachtungsvoll
gez. Matthias Jochheim, Frankfurt/Main Arzt und Psychotherapeut, Vorstandsmitglied der Deutschen Sektion der International Physicians for the Prevention of Nuclear War (IPPNW - Nobel Peace Prize 1985) ¤ gez. Dr. med. Uta Mader, Köln Ärztin, Mitglied der IPPNW - Deutsche Sektion, und der VDÄÄ - Verein der demokratischen Ärztinnen und Ärzte ¤ gez. Prof. Dr. med. habil. Ilse Eisen-Hagemann, Berlin Ärztin ¤ gez. Dr. phil. Hans-Peter Brenner, Bonn Psychologischer Psychotherapeut, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Koblenz, stellv. Mitglied der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung - KBV ¤ gez. Prof. Dr. med. habil. Ingeborg Rapoport, Berlin Ärztin ¤ gez. Prof. Dr. med. Dr. phil. Dr. hc. mult. Samuel Mitja Rapoport, Berlin Arzt ¤ gez. Dr. med. Christa Anders, Berlin Ärztin ¤ gez. Dr. med. Ernst Bellmer, Erzhausen Internist ¤ gez. Dr. med. Iris Jonkanski, Brinckheim (Frankreich) Ärztin
(Funktionsangaben dienen ausschließlich zur Information)
Richard May
Steven Kay
Branislav Tapuskovic