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"ICH VERDIENE ANERKENNUNG WEGEN FRIEDEN, NICHT KRIEG"

Slobodan Milosevic am 11. Dezember 2001 in Den Haag
(vollständige Mitschrift)

SLOBODAN MILOSEVIC
[Nach Verlesung der "Anklage" wegen Bosnien-Herzegowina]

Ich möchte feststellen, dass das, was wir hier gehört haben, dieser erbärmliche Text, den Gipfel der Absurdität darstellt. Ich verdiene Anerkennung wegen Frieden in Bosnien, nicht Krieg. Die Verantwortung für den Krieg tragen die Mächte, die Jugoslawien zerschlagen haben, und ihre Agenten in Jugoslawien, nicht Serbien, nicht die Serben, nicht die serbische Politik. Das hier ist ein Versuch. (Mikro wurde abgeschaltet).

SLOBODAN MILOSEVIC
[In der Aussprache über die Zusammenfassung der "Anklagen"]

Alles, was wir heute von der sogenannten "Anklagevertretung" gehört haben, bestätigt nur, daß das, was hier als Schwerpunkt herausgestellt wird, gänzlich am tatsächlichen Sachverhalt vorbeigeht. Aber um nicht wieder das Mikrofon abgestellt zu bekommen, werde ich mich an Argumente halten, die auf Ihre Fragen eingehen.

Es ist für mich vollkommen klar, warum diese falsche Anklagevertretung auf "Klagenhäufung" (Kosovo und Bosnien) besteht. Der Grund ist der 11. September. Man will die Aufmerksamkeit von den wegen Kosovo gegen mich erhobenen Beschuldigungen ablenken, da diese Beschuldigungen unweigerlich die Frage nach der Zusammenarbeit der Clinton-Administration mit den Terroristen im Kosovo aufwerfen, einschließlich der Organisation Bin Ladens.

Zweitens ist man sich bei dem, was wir heute gehört haben, nur allzu bewußt, daß, wenn man den Schwerpunkt auf Kosovo legt, man, ungeachtet der Illegalität des Gerichts, nicht umhin kommt, die Hauptschuldigen an den Verbrechen gegen mein Land und mein Volk, angefangen von Clinton, Albright und Clark bis zu all den anderen vor diesem Gremien erscheinen zu lassen, noch könnte man hier das Auftreten vieler Friedensvermittler vermeiden, deren Tätigwerden und deren Zusammenarbeit bei der Suche nach Frieden widerlegen würde, was hier an Beschuldigungen, ich würde sagen, ungeheuerlichen Beschuldigungen, erhoben wurde.

Also, die Gründe für den Versuch der "Klagenhäufung" sind ganz und gar pragmatisch und darauf abgestellt, jene zu decken, die Verbrechen gegen mein Land begangen haben, und keineswegs, wie man behauptet, im Interesse eines zügigen Verfahrens, da man sich gewiss nicht darum sorgt, ob ich dabei der Erschöpfung erliege oder nicht. Ich sagte Ihnen schon, was ich darüber denke.

Was nun das krönende Argument angeht, die Beschuldigung, dass wir von dem Ziel der Schaffung eines "Großserbien" motiviert worden seien, so kann dies sehr leicht widerlegt werden. Und ich denke, dass kein vernünftiger Mensch es wagen dürfte, auf dieses Argument zu verfallen, das man als die mythische Grundlage für alle Verbrechen vorgeschoben hat. Niemand sollte mehr versuchen, dieses Argument für Beschuldigungen, Unterstellungen oder Mißdeutungen zu nutzen.

Hier gibt es unwiderlegbare Fakten. Am 28. April 1992 wurde die Bundesrepublik Jugoslawien gebildet. Am 28. April 1992, das heißt, bevor die Konflikte anfingen, bevor der Bürgerkrieg ausbrach, verkündete diese Verfassunggebende Versammlung in ihrem offiziellen Dokument unsere Position, dass die Bundesrepublik Jugoslawien keine territorialen Ansprüche im Bezug auf irgendeine der früheren jugoslawischen Republiken erhebt. Das ist absolut Beweis genug, um den Unsinn zurückzuweisen, den man uns zur Last zu legen versucht.

Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass mit maximalen Anstrengungen unsererseits ganz im Anfang, im Mai 1993, der Vance-Owen-Plan angenommen und in Athen unterzeichnet wurde, auch von serbischen Vertretern. Die Annahme dieses Plans zeigt eindeutig, dass wir Frieden als das wichtigste Ziel und das höchste Gut für alle jugoslawischen Völker ansahen, und widerlegt diese mythische Idee.

Schließlich hat in all den zehn Jahren in Jugoslawien das Leben selbst diesen Vorwurf nationaler oder religiöser Diskriminierung ganz und gar widerlegt; denn die Bundesrepublik Jugoslawien blieb der einzige Teil des alten Jugoslawien, der seinen multinationalen Charakter beibehielt, und in dem es keine Diskriminierung aus nationalen oder religiösen Gründen gab. Diese zehn Jahre bestätigen dies. Dasselbe gilt für Kosovo. Vielleicht wissen Sie das nicht, aber die Regierung der Autonomen Provinz Kosovo und Metohija bestand 1998 und 1999 - das heißt, während des Krieges bis jene, welche die Aggression begingen, ihre Söldner an die Macht brachten - aus Serben, Albanern, Moslems, Türken, Goranies, Roma und Sinti. Serben waren eine Minderheit in dieser Regierung. Wie kann die Vorstellung, dass es nationale Diskriminierung gegeben hat, mit dieser Tatsache in Übereinstimmung gebracht werden ?

Unsere Delegation in Rambouillet bestand ebenfalls aus Vertretern all dieser Nationalitäten. Wie paßt das mit der ungeheuerlichen Unterstellung einer nationalen Diskriminierung zusammen? Wissen Sie, dass 1998 nach zehn Jahren vollkommenen Friedens in Kosovo - zehn Jahre, in denen niemand umgebracht wurde, zehn Jahre, in denen niemand verhaftet wurde, in denen Dutzende von Tageszeitungen in Albanisch an jeder Straßenecke zu kaufen waren, in denen der Schulunterricht in Grund- und Oberschulen auf Albanisch abgehalten wurde - als nach zehn Jahren, der Terrorismus ausbrach, der von ausländischen Geheimdiensten aus dem Abschaum der albanischen Mafia in ganz Europa organisiert worden war, wir eine örtliche Polizei in den albanischen Dörfern bildeten, wo die Bürger ihre Polizisten wählten. Sie trugen Waffen. Sie alle waren ethnische Albaner. Diese albanischen Polizisten, ebenso wie die albanischen Postboten, albanischen Werkmeister und die anderen Albaner im Staatsapparat, waren alle Ziel von Drohungen, Mordversuchen, Morden und regelrechten Schlächtereien, die alle von albanischen Terroristen verübt wurden.

Im Jahre 1998 töteten die Terroristen mehr Albaner als Serben. Es ist wirklich bemerkenswert, dass in all unseren staatlichen Strukturen ebenso wie in unserer Sozialistischen Partei, die Mitgliedschaft der ethnischen Zusammensetzung im Lande entsprach - da waren Serben, Albaner, Türken, Ungarn, Ruthenen, Rumänen, Bulgaren und alle anderen. Welche von all diesen Gruppen wäre denn je mit einem Programm der nationalen, religiösen oder rassischen Diskriminierung konform gegangen, wie hier unterstellt worden ist?

Diese beiden "Anklagen" wegen Kroatien und Bosnien wurden ausdrücklich nur aus einem einzigen Grund erhoben, nämlich um die "Anklage" wegen Kosovo in der Versenkung verschwinden zu lassen, weil über Kosovo zu reden die ganze Frage des Terrorismus aufwerfen würde - und dies ungeachtet der Tatsache, das wir in Kroatien und Bosnien eindeutig für den Frieden arbeiteten und nicht für den Krieg. Wir standen unserem Volk bei, um ihm zu helfen zu überleben statt wie im II. Weltkrieg Opfer eines Völkermords zu werden. Viele Male haben wir gesagt, und ich selbst habe das gesagt, dass wir unser Volk frei und gleichberechtigt wünschen in Gebieten, in denen sie seit Jahrhunderten gelebt haben. Aber gleichzeitig sollte dies nicht auf Kosten anderer Völker gehen.

Das Beispiel der Bundesrepublik Jugoslawien und ihrer guten zwischenethnischen Beziehungen während der ganzen Periode der Konflikte zeigt dies am besten. Während des Konflikts in Bosnien wurde kein Moslem aus Serbien ausgewiesen. Während des Konflikts in Kroatien wurde kein Kroate aus Serbien ausgewiesen. Mehr noch, während des Konflikts in Bosnien - schauen Sie sich die Unterlagen des UNHCR an - fanden mehr als 70.000 Moslems in Serbien Schutz. Welche Nation, welche Zehntausende von Menschen hätten Schutz bei jenen gesucht, die eine Aggression gegen sie begingen?

Wissen Sie, dass mehr Moslems in Serbien leben als in Bosnien und Herzegowina? Die Moslems in Bosnien und Herzegowina wurden in dieses Desaster hineingestoßen, in diesen Krieg, damit jene äußeren Kräfte in der Pose von Unterstützern von Moslems ihre Verantwortung für den Tod von weitaus mehr - von Millionen von Moslems - vertuschen konnten, ganz im Sinne der ihren Interessen entsprechenden Versklavung der Welt und eines neuen Kolonialismus.

Vor allem kann ich nicht verstehen, dass jemand es hier wagen kann, über das Kosovo implizit so zu sprechen, als ob dieses etwas außerhalb Serbiens wäre. Kosovo ist Serbien, und Kosovo wird Serbien bleiben, aber die schreckliche Lage in Kosovo und Metohija wird andauern, so lange es einer illegalen Besatzung unterworfen ist. Illegal, weil sie aufgrund eines Mißbrauchs der UN und der Sicherheitsratsresolution 1244 erfolgte. Diese Resolution sieht die Anwesenheit von UN-Sicherheitskräften vor; doch die Streitkräfte im Kosovo haben das UN-Mandat verletzt, dabei haben sie weitere Greueltaten der albanischen Terroristen ermöglicht.

Tausende von Serben und andere nicht-albanische Einwohner von Kosovo wurden getötet und gekidnappt, Zehntausende von serbischen Häusern wurden niedergebrannt, über hundert Kirchen wurden zerstört und niedergebrannt, alles unter der Schirmherrschaft der internationalen Streitkräfte, die dorthin kamen, um Sicherheit für alle zu garantieren.

Und heute nach diesem Witz von Wahlen kommen diese famosen serbischen Parlamentsmitglieder per Flugzeug aus Belgrad angeflogen, um ihren Job als Abgeordnete zu erledigen und dieses sogenannten Parlament unter Militärschutz zu betreten. Diese Lage wird so lange andauern wie die Besatzung. Eine ähnliche Lage unter türkischer Besatzung dauerte ganze 500 Jahre. Diese wird nicht so lange dauern, und in dem Augenblick, wo sie endet, wird Kosovo wieder vollständig unter serbischer Kontrolle sein, und dabei sprechen wir nicht allein über Kosovo sondern auch von Serbien; denn auch Serbien wird wieder, und zwar bald, von Patrioten regiert werden. Patrioten werden auch in anderen Ländern regieren, anstelle dieses illusorischen Programms eines neuen Kolonialismus und der Installierung verschiedener Marionettenregierungen.

Ich denke, dass alles, was wir heute gehört haben, was in völligem Widerspruch zur Wahrheit steht, gezeigt hat, wie abwegig diese "Anklagen" sind. Ich kann sie nur als Bekundung der Wut und Rache wegen des Fiaskos verstehen, das die NATO bei dem Versuch erlitten hat, Jugoslawien militärisch zu besetzen. Ich kann Ihnen sagen, dass ich stolz bin, dass ich die bewaffneten Streitkräfte Jugoslawiens kommandiert habe, die die NATO gestoppt hat; denn das hat gezeigt, dass ein Land, sogar ein kleines Land, mit einem starken Willen, seine Freiheit zu verteidigen und die Idee der Freiheit und Gleichheit der Nationen und Völker zu verteidigen, Erfolg haben kann. Ich bin hier als Bestrafung für unseren Widerstand gegen die Gefahr der schlimmsten Tyrannei, die je die Menschheit bedrohte.

Was inhaltlich aus diesen Anschuldigungen zusammengekratzt werden kann, ist nichts als der Schlamm und Bodensatz eines zehnjährigen Medienkrieges zur Dämonisierung Serbiens und des serbischen Volkes sowie der serbischen Führung und meiner Person, ja sogar meiner Familie. Denn der Medienkrieg ging dem wirklichen Krieg voraus und hatte zum Ziel, die öffentliche Meinung im Westen davon zu überzeugen, dass wir die Bösen sind, ohne Rücksicht auf die Tatsache, dass wir niemals einen Anlass dafür boten.

Sie haben hier heute vorgelesen, wie die Europäische Union am 6. April 1992 Bosnien-Herzegowina anerkannte. Das geschah unter dem Einfluss des damaligen Außenministers Deutschlands, Hans-Dietrich Genscher, weil der 6. April 1941 der Tag war, an dem Hitler den Angriff auf Jugoslawien startete und Belgrad bombardierte. Es bestand der Wunsch, auf diese Weise zu vermitteln, dass das Ergebnis des zweiten Weltkrieges eine Änderung erfahren hatte. Ich würde ein solches Ansinnen niemals dem deutschen Volk vorwerfen, aber einige Politiker haben an dem Übel festgehalten, gegen das wir zusammen gekämpft haben. Damit haben diese Politiker Rache in größerem Stile üben können; denn sie vermochten uns zu töten, indem sie die Hände unserer Alliierten, der Amerikaner, Engländer und Franzosen benutzten, mit denen wir zusammen in zwei Weltkriegen gegen eben dieses Übel kämpften. (...)

Ich habe Ihnen schon über meine Beziehung zu diesem Gericht Auskunft gegeben, unabhängig davon, dass Richter Robinson sagt, meine Beziehung dazu ist für Sie ohne Belang. Was Sie daher machen werden, ist Ihre Sache, und Ich kann Ihnen nur sagen, dass jedes Argument, das hier für die "Klagenhäufung" gebraucht wurde, nicht wahr ist, nicht aufrecht zu erhalten ist, nicht korrekt ist und in keiner Weise gerechtfertigt werden kann. Somit sind diese Argumente falsch, wie die Anklage falsch ist; und Sie werden tun, was Sie wollen, und das ist Ihr Problem.

Wir haben viele Argumente dagegen von der Anklagevertretung selbst gehört. Alles, was man vorbringt, und das wird noch deutlicher werden, wenn man so weiter macht, zeigt, dass ihr ganzes Vorbringen auf tönernen Füßen steht und dem Bodensatz des Medienkrieges entnommen ist, nicht wirklichen Fakten, schon gar nicht Fakten, die juristisch einiges Gewicht haben könnten. Das Vokabular und die Struktur aller ihrer Argumente entspricht gänzlich dem, was wir in politischen Pamphleten oder in den Medien gehört haben, was nur zeigt, dass das alles in derselben Küche zusammengebraut wurde, und sonst nichts.

Wenn ich Sie wäre, würde ich persönlich, ungeachtet Ihres Status, gegen den ich Einwände erhebe, eine Tatsache, die Ihnen nicht unbekannt ist, solche Ideen zurückweisen. Man möchte Kosovo beiseite schieben, nur weil das die Angelegenheit der Kollaboration mit den Terroristen offen legen würde, was im Augenblick politisch nicht angebracht ist. Im Augenblick verfälscht man historische Fakten um der Tagespolitik willen, und das ist etwas, was selbst dieses illegale Tribunal nicht gestatten sollte. (...)

Ich wurde darüber unterrichtet, dass Sie inzwischen ohne meine Kenntnis einige juristische Berater ernannt haben, was ich nicht beantragt habe, wobei Sie meine Zustimmung, die Besuche einiger Leute zu empfangen, als einen Antrag interpretiert haben, juristische Berater zu benennen. Ich habe der Gerichtsverwaltung geantwortet und festgestellt, dass ich nicht der Auffassung bin, dass wer auch immer mich besucht und einen akademischen Grad in Jura besitzt, zuerst von mir als juristischer Berater ernannt werden muss. Und ich bin der Auffassung, dass es unzulässig wäre, Besuchsbeschränkungen für Personen zu verfügen, die mich besuchen wollen, jedenfalls nach den Regeln, die Sie aufgestellt haben, und auf der Basis der Nichtdiskriminierung, da andere, die in diesem Gefängnis sind, die Möglichkeit haben, solche Besuche zu empfangen.

Zweitens (...) Ich habe nur gesagt, dass ich wünsche, dass Leute, die mich zu besuchen wünschen, die Erlaubnis dazu erhalten sollten, und das ist alles.

Zweitens habe ich gehört, Sie hätten eine Infrarotkamera in meiner Zelle. Die Gefängnisverwaltung hat mich informiert, dass der Grund dafür, dass sie schließlich das regelmäßige Licht in meiner Zelle ausgeschaltet hätten, war, dass sie ihre Kamera ausgeschaltet hätten; aber ich bin nicht darüber informiert worden, dass eine solche, auf die sich Ihr Vertreter öffentlich bezogen hat, ebenfalls abgeschaltet worden wäre. Ich bitte, dass auch diese abgeschaltet wird.

Übersetzung aus dem Englischen:
Klaus von Raussendorff


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