Räuber des Tages

Bank Austria Creditanstalt

Als Serbien unter Präsident Milosevic 1990 einen IWF-Kredit »zweckentfremdet«, nämlich zur Auszahlung ausstehender Gehälter für Lehrer und Militärangehörige, verwendete und dafür die Notenpresse anwarf, war vom »größten Bankraub der Geschichte« die Rede. IWF-Gelder hatten schließlich den Zweck, Reformen zur Verelendung der Normalbürger zu finanzieren. Diesen Frevel wider den neoliberalen Geist hat das internationale Finanzkapital Slobodan Milosevic nie verziehen. Es verfolgt ihn bis in seine Gefängniszelle hinein.

Dieser Tage hat die Bank Austria der Jugoslawisch-Österreichischen Solidaritätsbewegung (JÖSB) mitgeteilt, die auf ein Konto dieser Bank eingezahlten Spendengelder zur Unterstützung der Verteidigung des früheren jugoslawischen Präsidenten eingefroren zu haben. Als Grund wurde angeführt, daß die JÖSB keine Erklärung abgegeben habe, daß die auf dem Konto eingezahlten Gelder »weder direkt noch indirekt Herrn Milosevic und Personen seines Umfeldes zur Verfügung gestellt werden«. Die Bank Austria weigert sich somit nicht bloß, das Konto zu führen, sondern beschlagnahmt die Gelder zur eigenen Verfügung. Was ist ein Bankraub, würde Brecht wahrscheinlich fragen, gegen das Management einer Bank? Die Herren von der Bank Austria berufen sich auf die EU-Verordnungen Nr. 2488/2000 und 1205/2001, die mit dem Ziel erlassen wurden, die serbische Staatsführung für ihren Widerstand gegen das imperialistische Diktat ökonomisch zu strangulieren. Doch selbst unter der Voraussetzung, daß klare Verstöße gegen das Völkerrecht als konstituierend für ein neues internationales Rechtssystem betrachtet werden, bedeutet das Vorgehen der Bank einen Verletzung des international anerkannten Grundrechts auf Verteidigung in einem Strafverfahren. Die Gelder sind ja nicht als finanzielle Entschädigung für Milosevic in seinem einsamen Kampf gegen eine Übermacht aus Politik, Justiz und Banken gedacht, sondern wurden ausschließlich zu seiner Verteidigung aufgebracht. Um Slobodan Milosevic selbst ein Minimum an Fairneß vorzuenthalten, begeben sich die internationalen Finanziers des Haager Justizapparats auf das Niveau kleiner Gauner.

(wp)

junge Welt vom 28.01.2006


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