Nico Steijnen: Den Haag, 18 September 2002
On behalf of Mr. Milosevic the Dutch counsel of Mr. Milosevic Nico Steijnen has filed a complaint against the Dutch member of the amici curiae trio Wladimiroff at the disciplary tribunal of the Dutch Bar Association.
In the Dutch daily Haagsche Courant edition of September 12, 2002, Wladimiroff stated in an interview inter alia:
"It is for sure that, when his process would relate only to Kosovo and one would draw up the balance now Milosevic would be convicted. Clearly a linkage has been established between the army and the police, the massacres in Kosovo and Milosevic."
and:
"The second part of the process, in which the crimes in Bosnia and Croatia will be at the centre, will be more easy for the prosecutors", Wladimirof thinks. "They have had more time to prepare and they know better the problems. So it cannot be a problem for them to fix completely the evidence against him"
Mr. Milosevic has strongly protested against these pronouncements and he has asked for measures against Wladimiroff. He also demanded access to the press on his turm, in order to get the opportunity to repair the damage, brought about by Wladimiroff upon him.
However, routinely this was refused by the so called tribunal, which gave order to Wladimiroff to deliver a written statement on the matter.
Already in an earlier stage Mr. Milosevic had opted for legal action against the assignment of the amici curiae, especially Wladimiroff. However, due to logistic problems this had failed to occur untill now.
In the complaint filed at the disciplinary tribunal Wladimiroff is charged for:
Statement on behalf of Mr. Milosevic
Kommentar
Zur zwielichtigen Rolle der "Freunde des Gericht" im "Verfahren" gegen Slobodan Milosevic siehe auch folgenden Auszug aus:
Klaus Hartmann und Klaus von Raussendorff
"Die dritte Anhörung - Slobodan Milosevic gegen »Haager Tribunal«: Ein Kampf gegen die Globalisierung der Barbarei auf dem Gebiet des internationalen Strafrechts - Teil 1
("junge Welt" vom 11. Dezember 2001)
"»Die drei Anwälte ersetzen keine Verteidiger, die Milosevic weiterhin ablehnt«, berichtet die Frankfurter Rundschau sachlich korrekt. Woher kommt dann aber die völlige Verwirrung über den Status dieser »amici curiae«, zu deutsch »Freunde des Gerichts«, im »Verfahren« gegen Milosevic? Mal sprechen die Medien von »Milosevics Pflichtanwälten« (APA v. 29.10.01). Reuters aus Belgrad nennt den jugoslawischen Anwalt in dem Team einen »Anwalt, der vom UN-Strafgerichtshof ernannt ist, um für Slobodan Milosevic zu agieren«. Dann heißt es wieder, die amici wollten lediglich »dem Gericht übersetzen, was der Angeklagte über die - von ihm bestrittene - Rechtmäßigkeit des Tribunals gemeint hatte« (Der Standard). Milosevics eigener Schriftsatz, der doch wohl für seine eigenständige Verteidigung maßgeblich sein sollte, kommt in den Medien überhaupt nicht vor oder nur so: »Die drei Rechtsexperten haben eine von Milosevic an das UNO-Tribunal verfaßte Motion über die Zuständigkeit des Gerichtes aufgegriffen und dazu kritische Bemerkungen verfaßt.« (Neue Zürcher Zeitung).
Diese Verwirrung geht nicht allein auf das Konto der Journalisten. Sie ist vom »Tribunal« selbst verursacht. Eigentlich ist ein »amicus curiae«, d.h. »Freund des Gerichts«, im angelsächsischen Recht ein »sachverständiger Berater des Gerichts (über Spezialfragen oder fremdes Recht)«. Die Hervorhebungen stehen so im Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache von Alfred Romain, dem die Definition entnommen ist. Anders bei Richter May. Er entschied in der Verhandlung am 30. August 2001, daß ein amicus des »Haager Tribunals« den »Angeklagten« zwar nicht repräsentiert, aber bestimmte Aufgaben, die sonst einem Verteidiger obliegen, unabhängig vom »Angeklagten« übernehmen kann.
Derartiges erstaunt kaum bei einem »Gericht«, das, aus keiner bestimmten Rechtstradition schöpfend, seine Verfahrensregeln selbst bestimmen kann. »Tribunal«-intern scheint man sich nicht ganz einig, was internationales Gewohnheitsrecht hinsichtlich des Rechts eines Anklagten auf Vertretung vor Gericht erfordert. Die Anklägerin bestreitet, daß ein Angeklagter das Recht hat, sich selbst zu verteidigen. Obwohl sie sich mit ihrem Antrag, Milosevic einen Zwangsverteidiger zu verpassen, am 30. August eine Abfuhr holte, kam sie am 29. Oktober erneut mit der Behauptung, es gebe kein Recht des Angeklagten, sich selbst zu verteidigen. Frau Del Ponte ist aus gröberem Holz geschnitzt. Vielleicht spielt sie hier unbewußt in einem Spiel mit verteilten Rollen. Vielleicht merkt sie tatsächlich nicht, daß die Erfinder der Lösung mit den drei »Freunden des Gerichts« ebenso wie sie nur eins im Sinn haben: Die Position des »Angeklagten« möglichst nicht unverfälscht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.
Am 30. August verhinderte Richter May sozusagen mit Brachialgewalt, daß Milosevic zur Frage der Gerichtshoheit, d.h. der Illegalität des »Tribunals«, vor der Medienöffentlichkeit ausführlich Stellung nehmen konnte. Er erlaubte einfach nicht die Verlesung des umfangreichen Schriftsatzes. Die Verhinderung des Mündlichen, eines Grundrechts des Angeklagten, sollte dadurch mit dem Schein der Ausgewogenheit bemäntelt werden, daß auch Frau Del Ponte nicht gestattet wurde, ihre Anklage in Anwesenheit der Presse zu verlesen. Auch dies ein abgekartetes Spiel; denn das Verlesen der Anklage wurde am 29./30. Oktober ausgiebig nachgeholt. Inzwischen hatten aber die amici curiae in einem Schriftsatz vom 19. Oktober 2001 zu der Frage der Rechtmäßigkeit des »Tribunals« Stellung genommen. Am 30. Oktober durften sie ihre Meinung im Gerichtssaal erläutern. Ergebnis: Kein Wort in den Medien über die substantiellen juristischen und politischen Argumente von Milosevic zur Illegalität des »Tribunals«, statt dessen die Wiedergabe der »Übersetzung« der Meinung des »Angeklagten« durch die amici curiae.
Was zur Rolle der »Freunde des Gerichts« zu sagen ist, hat Milosevic, an Richter May gewandt, mit einer ironischen Formulierung auf den Punkt gebracht: »Was die amici curiae betrifft, habe ich Ihre Erläuterung, als Sie die amici curiae ernannten, dahingehend verstanden, daß ihre Ernennung zu einem fairen Verfahren beitragen soll, wenn es überhaupt in einem derartigen illegalen Verfahren Sinn macht, den Begriff ´faires Verfahren´ auch nur zu erwähnen. Ich denke, daß durch diese Ernennung eine Kollektion neuer Konzepte angereichert wurde. Diese Umstände, unter denen zwei Mannschaften für denselben Zweck arbeiten, könnten nun die Bezeichnung Das Haager Fair Play erhalten. (...) Es freut mich, daß die Herren der Gruppe der amici curiae sich bewußt sind, daß sie nicht in meinem Namen sprechen dürfen, und daß ich mit ihnen nichts zu tun habe.«"
Rechtsanwalt Steijnen rügt in Ziffer 3 seiner Beschwerde an die Anwaltskammer, dass Wladimiroff, die Verteidigungsstrategie von Milosevic, die auf der Tatsache aufbaut, dass das "Tribunal" als illegal zu betrachten ist, ins Gegenteil verkehrt, indem er von der Annahme ausgeht, dass das "Tribunal" eine legale Institution ist. Wie trickreich die "Freunde des Gerichts" in dieser Frage agiert haben, ist in dem zitierten Artikel, wie folgt, nachzulesen:
"Um das Problem des »International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia (ICTY)« zu lösen, »müßte im Grunde ein rückwirkender Legitimierungsbeschluß der UN-Vollversammlung herbeigeführt werden«, was aber nicht im Interesse der USA und anderer Staaten läge, spekulierte die Berliner Zeitung schon am 3. September und nannte als Ausweg die Einholung eines Gutachtens des ebenfalls in Den Haag angesiedelten Internationalen Gerichtshofes (IGH), des wichtigsten UN-Rechtsprechungsorgans. In dieser Frage rieten nun die »amici curiae«, die drei »Freunde des Gerichts«, dem Tribunal, einen solchen Antrag an den IGH zu stellen. Denn: »Ein kritischer Aspekt der Entscheidungen des ICTY zur Gerichtshoheit (jurisdiction), insoweit seine Errichtung angefochten wurde, ist die Tatsache, daß die Richter des Tribunals über ihre eigene Zuständigkeit zu befinden hatten.« Die amici empfehlen daher »eine andere Methode, die Gültigkeit der ICTY-Rechtsprechung zu testen, die kritische Stellungnahmen zur Selbstfeststellung von Rechtsgültigkeit vermeidet.« Das ICTY sei ein »untergeordnetes Organ des Sicherheitsrats«. Daher »könnte argumentiert werden«, daß es »eine inhärente Befugnis besitze, ein Gutachten des IGH einzuholen«. »Rechtliche Hindernisse« stünden dem nicht entgegen. Aber: »Letztendlich könnte der Sicherheitsrat im Namen des ICTY ein Gutachten einholen.« Art. 96 der Charta der Vereinten Nationen besagt, daß nur die Generalversammlung oder der Sicherheitsrat ein Gutachten anfordern können. Andere »Organe« der Vereinten Nationen und »Sonderorganisationen« können dies nur »mit jeweiliger Ermächtigung durch die Generalversammlung«. Soweit der Vorschlag der amici, der gegen Ende der Sitzung vom 30. Oktober von Richter May abgelehnt wurde."
Wie der niederländische Rechtsanwalt Wladimiroff als einer der drei "Freunde des Gerichts" außerhalb des "Gerichts"saals im Sinne des "Tribunals" agiert, erklärt er selbst, nachdem er seine persönliche Vorverurteilung von Slobodan Milosevic in die Welt gesetzt hat, indem er die "Verwirrung" bedauert, er sei leider "missverstanden" worden, aber wiederholt unverfroren seine Vorverurteilung in raffinierter verschleierter Form:
09/16/2002 20:13 CET -- Amicus Curiae At Milosevic Trial Vladimiroff Accepts Responsibility But Denies Contents of Text
The Hague - Dutch lawyer Mikhail Vladimiroff, amicus curiae at Milosevic trial, stated he accepted the responsibility for ´confusion´ created by his interview to Dutch press. At the same time he denied its contents.
In a written statement to the judicial council, published today in the Hague Tribunal, Vladimiroff admitted he gave an interview to Dutch press agency ANP. However, he added his words were ´misinterpreted´. ´Haagsche Courant´ published his statement of 7 April that the evidence about Kosovo crimes would have been enough to declare him guilty, if the judges were to decide right that same moment.
In my opinion, the content of this article does not reflect the spirit of my conversation with the journalist. The quotations are a false presentation of what I said´, stressed Vladimiroff in a statement submitted on request from judicial council. He confirmed he spoke to the journalist of ANP agency about justification of Milosevic trial and the role of amicus curiae and other participants in the process. The article was not submitted to Vladimiroff for authorization, so he thought it was only going to serve as information.
Vladimiroff precised he was unaware the article was published before 11 September, when Milosevic mentioned that before judges. Milosevic then said Vladimiroff ´discredited himself and accused him of prejudicing the decision of the judicial council´. According to Hague Tribunal statute, that was ´obstruction of justice´ and ´disrespect for the court´. ´I understand the disturbance on the side of the accused because of my quotations in the article. I am truly sorry that the article made the accused think those were my words. I have acted upon my good will and I had no intention to evaluate the evidence during my meeting with that journalist. I did not authorize the article and if it were shown to me, I would have never authorized it. Just the same, I gave that interview and I accept the responsibility for the confusion its unauthorized publishing caused´, stressed Vladimiroff in his statement. He mentioned he later spoke to the journalist who was defending his view of the conversation, but also admitted the article was just his interpretation of what they spoke about. ´I disagree with his interpretation.´
During the discussion about the interview, amicus curiae told judicial council ´he surely did not say there was enough evidence to sentence the accused at that very moment´. ´I said something like: ´In this phase, judging by the evidence presented by the Prosecution, there is a connection between the accused and events in Kosovo. Maybe not all of the events, but even half of it would be enough to be a relevant factor in bringing the decision by the judicial council. But that is a matter of the court.´ He confirmed that in a written statement sent to judges.
It is expected in the Hague Tribunal that the judicial council brought some decision soon about this case. Milosevic trial will be continued on 26 September, by presentation of evidence on the indictment for crimes against humanity in Croatia and genocide in Bosnia. The prosecutors finished the presentation of evidence for Kosovo indictment on 11 September.